Das Heer und die Marine blieben nach der Verfassung weitgehend dem Oberbefehl des Kaisers unterstellt. Eine parlamentarische Kontrolle erfolgte durch die Bewilligung der finanziellen Mittel durch das Parlament. Die Grenzen der absolutistisch anmutenden „Kommandogewalt“ waren dabei kaum definiert. Das Militär blieb von daher eine der zentralen Stützen der Monarchie. Unterhalb des „obersten Kriegsherren“ existierten mit dem Militärkabinett, dem preußischen Kriegsministerium und dem Generalstab drei Institutionen, die zeitweise untereinander um Kompetenzen stritten. Insbesondere der Generalstab - bereits unter Helmuth Karl Bernhard von Moltke und später Alfred von Waldersee - versuchte, Einfluss auch auf politische Entscheidungen zu nehmen. Dasselbe gilt für Alfred von Tirpitz in Marinefragen.
Die enge Verbundenheit mit der Monarchie spiegelte sich im anfangs noch sehr stark adlig geprägten Offizierskorps wider. Auch später behielt der Adel eine starke Stellung insbesondere in den höheren Rängen, allerdings stieg mit der Vergrößerung der Armee und Flotte auch dort der bürgerliche Anteil immer mehr an. Die Vorbildfunktion des Adels sorgte neben der inneren Sozialisation im Militär dafür, dass sich das Selbstverständnis der bürgerlichen Gruppe kaum von dem der adeligen Offiziere unterschied.
Zwischen 1848 und den 1860er Jahren hat die Gesellschaft das Militär eher mit Misstrauen betrachtet. Dies änderte sich nach den Siegen von 1864 bis 1871 fundamental. Das Militär wurde zu einem zentralen Element des entstehenden Reichspatriotismus. Kritik am Militär galt als unziemlich. Dennoch unterstützten die Parteien eine Vergrößerung der Armee nicht unbegrenzt. So erreichte die "bewaffnete Macht" erst 1890 mit einer Friedenspräsenzstärke von fast 490.000 Mann ihre von der Verfassung vorgegebene Stärke von 1 % der Bevölkerung.
Das Heer gewann während des Kaiserreichs einen sehr starken gesellschaftlichen Nimbus. Das Offizierskorps galt den tonangebenden Teilen der Bevölkerung als „Erster Stand im Staate.“ Dessen Weltbild war dabei geprägt von der Treue zur Monarchie und der Verteidigung der Königsrechte, es war konservativ, antisozialistisch und grundsätzlich antiparlamentarisch geprägt. Der militärische Verhaltens- und Ehrenkodex wirkte weit in die Gesellschaft hinein. Auch für viele Bürger wurde der Status eines Reserveoffiziers nunmehr zu einem erstrebenswerten Ziel.
Von Bedeutung war das Militär zweifellos auch für die innere Nationsbildung. Der gemeinsame Dienst verbesserte etwa die Integration der katholischen Bevölkerung in das protestantisch geprägte Reich. Selbst die Arbeiter blieben gegenüber der Ausstrahlung des Militärs nicht immun. Dabei spielte der lange Wehrdienst von zwei bzw. drei Jahren bei der sogenannten „Schule der Nation“, als welche man die Armee zu sehen begann, eine prägende Rolle.
Deutsche Soldaten bei einem Maneuver im Odenwald 1888