Seit Ende der 1870er Jahre gibt es in Russland Planungen für den Bau einer Eisenbahnlinie durch ganz Sibirien. Die Erschließung dieses lebensfeindlichen Landes geht nur langsam voran, da man ohne Bahn immer noch auf Pferdefuhrwerke und Lastkähne setzen muss. In ganz Sibirien, also auf einer Fläche größer als der europäische Kontinent und all seine Inseln, leben nur 4 Millionen Menschen. Die gigantischen Rohstoffvorkommen Sibiriens, allen voran Gold, Diamanten, Kohle, Erze und Erdöl, können daher nicht effektiv genutzt werden. Zar Alexander III. verfolgt dieses Projekt mit großer Aufmerksamkeit, und schaltet sich nicht selten bei wichtigen Entscheidungen auch selbst ein.
Neben der wirtschaftlichen und personellen Erschließung Sibiriens spielen auch geopolitische Überlegungen eine Rolle. Die Bahn würde den Handel mit China stark vereinfachen und ankurbeln. So ist es zum Beispiel denkbar, den chinesischen Teehandel, der durch den indischen Tee zerstört wurde, wiederzubeleben und weiterzuvermitteln. Im besten Falle könnten sich die russischen Handelszentren im europäischen Teil des Landes, wie zum Beispiel Moskau, St. Petersburg, Warschau, Lodz und Odessa, zu Außenposten des neu erstarkenden chinesischen Teehandels entwickeln. Ebenso könnte man das sibirische Getreide in das europäische Russland und Mittelasien transportieren, wo dieses dringend gebraucht wird. Mittelasien wird zur Zeit auf den Baumwollanbau umgestellt, und wird daher schon bald auf Getreideimporte angewiesen sein. Hinzu kommt der Ansporn für die sibirische Wirtschaft im Allgemeinen, die ausländische Investoren ins Land locken und zur Modernisierung Gesamtrusslands beitragen könnte.
Aber es herrscht Uneinigkeit bei den russischen Ministern, wie die verkehrstechnische Erschließung Sibiriens denn nun tatsächlich aussehen soll. Finanzminister Wyschnegradski will verschiedene Teilstrecken bauen lassen, und diese an ein modernes Flussschifffahrtsnetz anschließen. Eisenbahn- und Transportminister Witte hingegen favorisiert den Bau einer eingleisigen Eisenbahn quer durch den Süden Sibiriens, von Moskau in Zentralrussland bis nach Wladiwostok am Nordpazifik. Es scheint so als würde sich Wittes Vorschlag beim Zaren durchsetzen, zumindest versuchte Witte bei den russisch-chinesischen Verhandlungen im August und September 1890 eine Konzession für den Bau einer Eisenbahnlinie durch die Mandschurei auszuhandeln, was aber fehlschlug. Jetzt sieht es so aus als stünde der Baubeginn kurz bevor, denn Witte hat bereits einen Finanzierungsvorschlag beim Zaren eingereicht. Nach seinen Überlegungen soll der Bau durch den jährlichen Haushaltsüberschuss gedeckt werden, also mit rund 33,8 Millionen Rubel pro Jahr. Eventuell auftretende Finanzierungslücken sollen durch französische und belgische Kredite gedeckt werden können.
Sergei Juljewitsch Witte - Verkehrsminister des Russischen Reiches und Vordenker der Idee einer "Transsibirischen Eisenbahn"