"Russlands Politik strebt den Meeren zu: Mittelmeer, Indischer Ozean, Pazifik!"
Dieser Satz fasst passend die außenpolitische Doktrin des russischen Reiches auf, stets war es der innigste Wunsch alles Zarinnen und Zaren den "zugeschnürten russischen Rock" zu durchbrechen und Zugang zu den Meeren zu erlangen. Allerdings durchlief die russische Außenpolitik in den letzten Jahrzehnten erhebliche Änderungen und Neuausrichtungen.
Pazifik Seit Jahrhunderten war es üblich unliebsame Oppositionelle und Verbrecher nach Sibirien zu verbannen. So ging die Erschließung Sibiriens einher mit der Entfernung aller regierungskritischen Gruppen. Die russische Regierung zeigte allerdings Anfangs wenig Interesse am großen sibirischen Raum, dem sogenannten "sechste Kontinent". In den 1850er und 1860er Jahren änderte sich diese Einstellung, China wurden in mehreren "ungleichen Verträgen" strategisch wichtige Küstenregionen abgerungen und die wirtschaftliche Ausbeutung der Gebiete begann. Der wichtigste russische Pazifikhafen heißt nicht umsonst Wladiwostok, was übersetzt "Beherrsche den Osten" bedeutet. Weiterhin ist die russische Expansionspolitik auf die Mandschurei und Korea gerichtet, um der Pazifikflotte endlich einen ganzjährig eisfreien Hafen zu geben.
Indischer Ozean Unter Zar Alexander III. war Russland ab 1881 eher ein asiatisches als ein europäisches Reich. Er schloss mit der Eroberung der letzten freien Khanate, dem von Chiwa und dem von Buchara, die Eroberung Mittelasiens vorläufig ab und brachte so die wichtigen Baumwollanbaugebiete unter russische Kontrolle. Allerdings stieß Russlands Expansion ab Mitte der 1880er Jahre zunehmend an ihre Grenzen, England fürchtete um seine Kronkolonie Indien als der russische Einfluss auch in Persien und Afghanistan anwuchs. Da allerdings in den besagten Ländern keine Gebietsgewinne zu erwarten waren die nicht England in einen Krieg mit Russland verwickelt hätten, wurde 1889 ein Vertrag über Persien, Afghanistan und Tibet geschlossen. Die Grenzverläufe wurden anerkannt und als unverletzlich betrachtet, Persien in eine russische, eine britische und eine neutrale Zone eingeteilt und Tibet als autonomes Gebiet festgeschrieben.
Mittelmeer Mit dem letzten Russisch-Türkischen Krieg von 1877/78 wurde die Idee des Panslawismus in Russland populär. Die Schaffung eines Großbulgarischen Reiches auf Kosten des Osmanischen Reiches wurde von Österreich-Ungarn, Deutschland und England verhindert. Doch der alte Traum von der Besetzung der Meerengen und der Bildung eines Südslawischen Reiches zur Befreiung aller Orthodoxen Christen und Slawen auf dem Balkan ist weiterhin quicklebendig, rückte nach dem Vertragsschluss mit England über Mittelasien sogar ins Zentrum der russischen Außenpolitik!